"Glaub' mir, ich liebe Berlioz", schrieb Wagner 1852 an Liszt. - "Wagner ist offensichtlich verrückt", so Berlioz 1861 an seinen Sohn Louis. Zeitlebens blieben die persönlichen und künstlerischen Beziehungen zwischen Wagner und Berlioz ausgesprochen ambivalent. Von unterschiedlichen ästhetischen Ausgangspositionen aus nahmen beide künstlerische Projekte in Angriff, die über die Grenzen der Einzelkünste und der traditionellen Gattungen hinausweisen. Dank ihrer spezifischen Mehrfachbegabung als Komponisten, Literaten und Interpreten waren beide Künstler hierfür in besonderer Weise prädestiniert. Ähnlich wie Wagner wurde auch Berlioz nachhaltig durch die Musik von Gluck, Beethoven, Weber und Meyerbeer geprägt. Umgekehrt hatten Berlioz' Werke und die mit ihnen verbundene ästhetische Konzeption des Phantastischen, der von Berlioz geschaffene Typus der dramatischen Programmsymphonie sowie seine Orchestertechnik einen bedeutenden Einfluss auf die deutsche Musik im 19. Jahrhundert und darüber hinaus. Die Beiträge des vorliegenden Bandes beleuchten die Beziehungen zwischen Berlioz, Wagner und den Deutschen in ihren vielfältigen Facetten.
343 S., Tabellen, Register, Abb., Pb geb.
Inhalt
Vorwort 7
Siglenverzeichnis 9
Berlioz und Wagner 11
David Cairns: Berlioz and Holy Germany - a Nation of Musicians 13
Frank Piontek: "Auch bin ich wahrlich nicht gleichgültig gegen ihn." Wagner und Berlioz. 25
Christian Berger und Dirk-Matthias Altenmüller: War Hector Berlioz epilepsiekrank? Ein Zwischenbericht. 53
Dominique Catteau: Hector Berlioz à Bayreuth, ou Berlioz, Wagner et Nietzsche. 59
Susanne Vill: Auf der Suche nach der verlorenen Seele - Das Klangbad der Massen bei Berlioz und Wagner. 67
Lesley A. Wright: Berlioz, Wagner and the Concept of French Genius. 79
Rainer Schmusch: Wagner und die Instrumentationslehre von Berlioz. 91
Peter Jost: Berlioz und Wagner in den Schriften von Richard Pohl. 121
Hans Vaget: Late Love. Thomas Mann Discovers Berlioz 133
Peter Bloom: Berlioz, Wagner and Politics. 147
Udo Bermbach: Was heißt "deutsch" bei Richard Wagner? 155
Berlioz und die Deutschen 165
Oliver Vogel: Von zwei deutschen Wurzeln der Symphonie fantastique. 167
Arnold Jacobshagen: Berlioz' Ouvertüren in der deutschen Musikkritik. 183
Jürgen Maehder: Hector Berlioz als Chronist der Orchesterpraxis in Deutschland 193
Gabriele Buschmeier: "Le Jupiter de notre Olympe, l'Hercule de la musique." Aspekte zu Berlioz' Gluck-Rezeption. 211
Jean-Pierre Bartoli: Berlioz, Reicha et la "Formenlehre". 227
Anselm Gerhard: Berlioz, l'imprévu und die klassizistische Odentheorie. 239
Sabine Henze-Döhring: Hector Berlioz und Giacomo Meyerbeer. 249
Maria Birbili: Zwischen Mythos und Historie. Berlioz' Beitrag zur Spätphase der Grand opéra. 257
Monika Hennemann: "Ritter Berlioz" und "Prophet Mendelssohn" in der Rezeption ihres Zeitgenossen Griepenkerl. 271
Cécile Reynaud: Regards sur la musique à programme chez Liszt et Berlioz. 287
Elisabeth Schmierer: Faust-Vertonungen von Schumann und Berlioz. 295
Thomas Schacher: Vom Paulus zum Saulus. Eduard Hanslicks Auseinandersetzung mit Berlioz. 305
Hugh Macdonald: Hector Berlioz, Joseph Joachim and Johannes Brahms. 317
Thomas Steiert: Berlioz auf den deutschsprachigen Opernbühnen im frühen 20. Jahrhundert. 323
Personenregister 333
Berlioz, Wagner und die Deutschen - so lautete der Titel eines internationalen Symposions, das vom 17. bis 20. August 2001 vom Forschungsinstitut für Musiktheater der Universität Bayreuth in Verbindung mit dem Comité International Hector Berlioz 2003 sowie dem Richard-Wagner-Verband Bayreuth ausgerichtet wurde. Der vorliegende Band präsentiert die überarbeiteten Beiträge dieser Veranstaltung, die im Rahmen der jährlichen wissenschaftlichen Tagungen zu den Bayreuther Festspielen stattfand und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziert wurde. Das Thema Berlioz, Wagner und die Deutschen ergab sich aus der Kooperation mit dem Comité International Hector Berlioz 2003, unter dessen Koordination insgesamt fünf internationale wissenschaftliche Kongresse in Vorbereitung des 200. Geburtstags des Komponisten realisiert wurden. Die Bayreuther Tagung war die zweite in dieser Reihe. Vorangegangen war das Symposion Berlioz: Past - Present - Future in Northampton / Massachusetts (2000). Hierauf folgten Interpreting Berlioz (London 2002), Hector Berlioz - Regards sur un Dauphinois fantastique (Grenoble 2003) und Berlioz: Textes et contextes (Paris 2003).
Wir freuen uns, dass der vorliegende Band pünktlich zum Berlioz-Jubiläum am 11. Dezember 2003 erscheinen konnte. Dass dies möglich wurde, ist der ausgezeichneten Zusammenarbeit mit den beteiligten Autoren zu danken, die allen Wünschen der Herausgeber stets bereitwillig entgegenkamen. Danken möchten wir auch den Mitgliedern des Comité International Hector Berlioz 2003, namentlich Prof. Dr. Yves Gérard (Paris), der das Symposion mit einer Einführungsansprache eröffnete, dem Richard-Wagner-Verband Bayreuth und seinem Vorsitzenden Paul Götz, sowie Dr. Ulrich Etscheit (Kassel), auf dessen Initiative nicht nur das Symposion, sondern auch das begleitende Festkonzert mit Anne Sofie von Otter und Bengt Forsberg im Markgräflichen Opernhaus Bayreuth am 18. August 2001 zurückging. Für wertvolle Hinweise und Unterstützung sei Dr. Rainer Franke, Stephanie Georgi, Martina Götz, Elisabeth Heidecker, Prof. Dr. Sabine Henze-Döhring, Dr. Stephanie Schroedter und Anne Wagner-Kenyeres sehr herzlich gedankt. Vor allem gebührt unser Dank dem Verleger Christoph Dohr, ohne dessen großes persönliches Engagement und gründliches Abschlusslektorat die termingerechte Drucklegung nicht zustande gekommen wäre.
Thurnau und München, im Oktober 2003
Die Herausgeber