Keil, Siegmar

In den Jahren zwischen 1940 und 1950 verbrachte ich den Großteil meiner Schulzeit in Eilenburg, jener sächsischen Kleinstadt an der Mulde, in der Martin Rinckart, der Schöpfer des Chorals „Nun danket alle Gott", 1586 geboren wurde und von 1617 bis zu seinem Tode im Jahre 1649 - also den ganzen Dreißigjährigen Krieg hindurch - als evangelisch-lutherischer Geistlicher an der dortigen Kirche St. Nikolai wirkte. Daher wurde mir seine Name als Genius loci, der sich in Zeiten schwerster Nöte und bittersten Elends mit Leib und Seele für die ihm anvertrauten Mitbürger in seiner von Krieg, Hunger und Pest schwer heimgesuchten Vaterstadt aufopferte, schon in relativ frühen Jahren zu einem festen Begriff. Es war nur eine Frage der Zeit, bis ich mich auch für Rinckarts bewegte und bewegende Vita zu interessieren und systematisch darüber zu forschen begann - dies umso mehr, als ich oft und immer wieder erfahren musste, wie viel Unwissenheit über Leben und Schaffen unseres Dichters weithin herrscht und wie viel Falsches an Daten und Fakten über ihn kolportiert wird.

Bei meinen Recherchen konnte ich mich auf die einschlägigen Veröffentlichungen von drei renommierten Rinckart-Biographen stützen: Da ist zuerst der Hymnologe Johannes Linke zu nennen. Es war sein Verdienst, Ende des 19. Jahrhunderts grundlegende Forschungsarbeit zu Leben und Schaffen des kursächsischen Pfarrers, Dichters und Musikers gelegt zu haben (Martin Rinckarts Lieder nebst einer [ ..J nach den Quellen bearbeiteten Darstellung des Lebens und der Werke des Dichters, Gotha 1886). Auf Linkes Forschungsergebnissen aufbauend, zeichnete der Theologe Wilhelm Büchting zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit seiner Dissertation über den Schöpfer des Liedes „Nun danket alle Gott' ein noch genaueres und umfassenderes Bild von dessen Persönlichkeit und CEuvre und schuf damit ein bis heute gültiges Standardwerk zur Rinckart-Forschung (Martin Rinckart. Ein Lebensbild des Dichters von -Nun danket alle Gott", Göttingen 1903). Dank seiner systematischen Aufarbeitung und Auswertung eines umfangreichen, bis dahin unbeachteten Quellenmaterials konnte auch und gerade zur Genese dieses populären Kirchenliedes Wesentliches geklärt werden. Drei Jahrzehnte später schließlich zog Adolf Brüssau aus alledem eine faktenreiche Bilanz (Martin Rinckart [..J und sein Lied-Nun danket alle Gott' Leipzig und Hamburg 1936). - Weitere Quellen, die sich erst in jüngerer Zeit eröffneten, konnte ich nutzen, um die bisherigen Forschungsergebnisse zu bestätigen, zu erweitern und zu vertiefen. Mit der vorliegenden Schrift nun unternehme ich den Versuch, auf der Basis des bislang Erforschten neue Erkenntnisse vor allem zur Rezeptions- und Verbreitungsgeschichte des Chorals darzulegen.

Nicht zuletzt aber ist es mir ein Bedürfnis, all denen zu danken, die es ermöglichten, meine Schrift zu veröffentlichen - insbesondere dem Strube Verlag München sowie den vielen Bibliothekarinnen und Bibliothekaren, die mir mit wertvollen Auskünften, Hinweisen und dem Anfertigen von Kopien eine große Hilfe waren.

Hamburg, Frühjahr 2009 
Siegmar Keil