Vorwort Von Angesicht zu Angesicht sehen – ist das nicht, wenn wir auch sonst nichts mitbekommen haben auf den Weg, die Sehnsucht, die uns voranschreiten lässt?
Dass die Liebe die Größte ist, ist das nicht, wenn wir sie auch nur träumend erahnen, die Kraft, die uns – und sei es noch ohne Ziel vor Augen – beharren lässt?
Das Wort, das mehr ist als Wille und Vorstellung, und dem wir uns gerade dann verweigern müssen, wenn es ums Ganze geht, lässt es nicht gerade, wenn es paradox klingt und Wirklichkeit wahr haben muss, den Willen erahnen, der jenseits von Gut und Böse, von Sein und Nichtsein, aufgehobenes Leben allen bonbonfarbenen Banalitäten abtrotzt?
Berge versetzen, einen langen Atem haben, das können wir wohl, wenn uns Hoffnung und Glaube geschenkt werden aus Gnade.
Aber die Liebe, die in wunderbarer Weise häretisch ist, die stellt alle Dualismen in Frage, die ringt mit Gott am Jabbok, die ersinnt Lebenskunst, die ist geboren aus der Stille und hebt das Nacheinander von Tod und Auferstehung auf in Ewigkeit – und wenn’s drauf ankommt hier und jetzt.
Das ist die Freiheit eines Christenmenschen: heute! Und immer auf noch Unvorstellbares zu. Und immer auch Zweifel. Und gerade darum Mut. Zuzeiten der Lächerlichkeit preisgegeben. Das ist der einzige Stolz, der erlaubt ist. Das ist die Freiheit der Liebe.
Windheim, am Vortage des Reformationsfestes 2011
Sybille Fritsch