SCHRIFTENREIHE ZUE EUROPAISCHEN CHORMUSIK
Grundlagen einer chorischen Stimmbildung - Übungen und Anwendungen in der Musik
Das Instrument Stimme wird geprägt vom Menschen in seiner körperlichen, seelischen und geistigen Präsenz. Organisch befreites Singen setzt persönliche Bereitschaft voraus. Stimmbildung ist letztlich Erziehung zu Harmonie, dem ausgewogenen Pendelschlag von Konzentration und Spiel. Physische und psychische Einstellungen wie die Balance von Spannen und Lösen, Tun und Geschehenlassen sind Grundlagen für freie und natürliche Stimmfunktionen. Klangintensives und ausdrucksstarkes, gesundes und belastbares Sprechen und Singen gedeihen mit der Erweiterung des technischen Könnens, fortschreitender Sensibilisierung des Gehörs und Entwicklung des Gespürs für die, Zusammenhänge. Singen sollte stets in einer Atmosphäre innerer Harmonie geschehen. In diesem Sinne definieren sich die Aufgaben von Chorleiter und Sänger: durch Stimmbildung die "Instrumente" des Chores zu verfeinerter Gestaltung zu führen, durch Gehörschulung musikalische Sicherheit zu erlangen und in Proben und Konzerten mit Hilfe einer gelösten Atmosphäre den persönlichen Empfindungsrahmen zu erweitern und die Freiheit zur Ausstrahlung des eigenen Erlebens zu fördern.
AUFBAU DES INSTRUMENTS
Das Funktionieren der Stimme beruht auf Ineinandergreifen der Komponenten Atmung, Kehle, Resonanz und Artikulation. Ihr geschmeidig ausbalanciertes Kräftespiel ist Grundlage bzw. Ziel der Stimmschulung.
Die TONERZEUGUNG entscheidet sich im physiologisch richtigen Zusammenwirken von Atmungs- und Kehlorgan. Die Spannungsbalance zwischen Atemführung und Stimmlippenfunktion hat folgende Vorraussetzungen: Motor der Atmung ist das Zwerchfell, das sich beim Ausatmen nach oben in den Brustkorb hineinzieht, beim Einatmen nach unten abflacht (erkennbar in einer Dehnung der Körpermitte). Die gebotene Atemdosierung ("Atemstütze") für eine unbehinderte Kehltätigkeit leistet das elastische, in der Tendenz tief orientierte Zwerchfell in Verbindung mit einem durch die Zwischenrippenmuskel gehobenen Oberkörper.
Vorstellung beim Einatmen: "Atem kommen lassen"; "Einriechen einer geringen Menge"; Schulterbereich bleibt ruhig! Günstige Grundposition unmittelbar vor jedem Klangeinstieg: mit einer Empfindung des "Erstaunens" öffnen sich alle Räume im Inneren vom Zwerchfell bis zur Schädeldecke; in das entstandene Vakuum fließt der Atem (Aufbau der Stütze); nahtlos erfolgt der Toneinsatz.
Vorstellung während des Singens: Erhalten der Position des Erstauntseins; der Atem fließt dosiert,das Zwerchfell bleibt tief orientiert; der Klang entfaltet sich in den offenen Räumen.
Fehler: hektisches, geräuschvolles Atemholen, zu großes Luftvolumen, Hochatmen, Atemstauung, lasches oder steifes Zwerchfell.