Von keinem anderen Dichter hat Schumann so viele Texte vertont wie von Heine. Das von zahlreichen Vorurteilen belastete Verständnis des Dichters hat lange Zeit eine angemessene Sicht auf Schumanns Liedkompositionen verbaut. Das Klischee, Heines Lyrik sei ironisch, wird hier konkret an den von Schumann vertonten Gedichten untersucht, um dann zu zeigen, inwieweit sich ähliche Stilmerkmale auch in Schumanns Liedern nachweisen lassen. Als Handreichung für Interpreten, Musikhörer und Wissenschaftler eröffnet dies neue Perspektiven.
Pressestimmen:
Ironie in Noten
Abgesehen von den lesenswerten und mit neuem Material aufwartenden Krankenakten, die Bernhard R. Appel unter dem Titel „Robert Schumann in Endenich” für den Schott-Verlag in einem bewegenden Dokumentarband zusammengetragen hat, und der hier besprochenen Arbeit über Musik und Ironie in Schumanns Heine-Vertonungen ist wegen der Mozart-Neuerscheinungsflut weit weniger über den romantischen Jubilar erschienen. Was aber herauskam, ist überwiegend substantiell. So auch diese kaum überladene, blendend strukturierte Analyse von Thomas Synofzik, des Direktors vom Zwickauer Schumann-Haus. Zwei Punkte stehen für ihn im Zentrum: Abgrenzung des Begriffs sowohl im literatur- als auch im musikwissenschaftlichen Sinne zu verwandten Bezeichnungen wie Satire oder Sarkasmus und die Bestimmung der musikalischen Mittel, mit denen ironische Textausdeutung überhaupt möglich ist und von Schumann realisiert wird. Ironie mokiere sich, hat der Thomas-Mann-Experte Hermann Kurzke einmal gesagt, aber sie verändere nicht die Welt, insofern habe sie im Gegensatz zur Satire einen konservativen Zug. Bei der Betrachtung der 40 Heine-Vertonungen von Schumann wird deutlich, wie sehr Schumann danach strebt, die Komik oder Bitterkeit einer ironischen Wendung durch Kontraste zu schaffen. „Musik kann ohne Text nur ernst seyn”, gestand er, „humoristisch gar nicht.” Wie die Sprachwissenschaftler forscht Synofzik nach „Ironiesignalen”, die eine Umkehr oder Brechung markieren. Bei seiner Definition des Begriffs in der Literatur, zu der er Jean Paul und die romantische Schule um die Brüder Schlegel anführt, fehlt allein der Ironie-Begriff eines so bedeutenden und auf Schumann einflussreichen Autors wie E. T. A. Hoffmann. Der übersichtlichen und durch ein Literatur- und Liedtitel-Verzeichnis gut erschlossenen Arbeit hätte zudem noch gut ein Personen- und Namensverzeichnis angestanden.
(Helmut Peters in Fono Forum 12/06)