Das hier vorgestellte Klavierkonzert ist
der erste Neudruck nach fast 200 Jahren. Jadins Klaviersonaten würde man
für unbekannte Werke Haydns, Beethovens und Schuberts halten, sogar
noch vor Beethovens op. 2 sowie 20 Jahre vor Schubert.
Drei
Klavierkonzerte fanden sich in seinem Nachlaß, eines wurde erst posthum
gedruckt.
Das vorliegende d-moll Konzert zeigt die Sicherheit, mit der
der junge Meister das Instrument verstand und das Orchester behandelte,
mit der er die Holzbläser in symphonischem Kontrast zu den Streicher
einzusetzen wußte und in besondere Weise den Weg geradezu expressiver
Sparsamkeit, den er für die französischen Klaviermusik einzuschlagen
beabsichtigte.
Wie in der Architektur, in der die
überquellenden Ornamente des Barock und die Verzierung des Rokoko dem
Ideal der rein praktischen "architecture parlante" weichen mußten, so
ist Jadins Klavierkonzert im ersten Satz geradezu revolutionsklassische
Musik, die von allem Zierat befreit und in der Form auf das äußerst
Notwendige reduziert ist. Wohl ist dieser Satz in der klassischen
Konzertform aufgebaut, aber Solo-Durchführung und Reprise verwischen.
Der zweite und der dritte Satz entsprechen
noch eher dem von Dussek in der Pariser Zeit verwendeten Schema. Doch
auch das Adagio ist ein von bewußtem Ausdruck und solidem Können
geformter Satz. Das Rondo schließlich folgt ganz dem gleichen Schema wie
Dussek in dessen Konzert op. 14 (Fuller 1999), das vermutlich noch aus
dessen Pariser Zeit stammt.
Der punktierte Rhythmus des Rondos Jadins
entspricht freilich eher dem trotzig-leidenschaftlichen Charakter der
Tonart d-moll, und es fordert im Maiore vom Pianisten ein ordentliches
Maß an Technik, um das Allegro-Tempo durchzuhalten.
Was für das nachmozartische Wien und das
dortige Verständnis des Klavierkonzertes undenkbar gewesen wäre, war
schon für Dussek in seinem op. 14 und für Jadin selbstverständlich:
Fermaten in den Ecksätzen, die dem Pianisten die Möglichkeit zur
Improvisation geben, fehlen.
Zeitlich und stilistisch spät erschien das
d-moll Konzert posthum im Druck: Am 5. Mai 1804 wurde es bei Érard
angekündigt, zu einer Zeit, als der Pariser Verleger schon längst
Dusseks romantisches g-moll Konzert op. 49 herausgebracht hatte (Fuller
1997).