Als ästhetischer Neuerer in (fast) allen musikalischen Gattungen des 16. Jahrhunderts ist Orlando di Lasso nicht nur in der Musikhistoriographie eine herausragende Rolle zugesichert. Schon zu Lebzeiten bewegte sich der Komponist in den höchsten Kreisen der kulturellen Öffentlichkeit, und unter seiner Kapellmeisterschaft entwickelte sich die Münchner Hofkapelle zum einem der wichtigsten Ensembles der europäischen Musiklandschaft. Darüber hinaus kam auch der Ordinariumsvertonung in der Frühen Neuzeit ein bedeutender Stellenwert zu. Wenngleich die polyphone Messe an der Liturgie ausgerichtet war, blieb ihr Rang in der abendländischen Gattungshierarchie unangetastet. So überrascht es kaum, dass die kompositorische Auseinandersetzung mit dem Ordinarium Missae neben dem Magnificat den größten Raum in Lassos Œuvre einnimmt.
Im Zentrum des Bandes steht die Aufarbeitung dieses exzeptionellen Repertoires auf der Grundlage unterschiedlichster historischer Quellen. Der methodische Zugriff reicht von der Untersuchung institutionsspezifischer Rahmenbedingungen über die Analyse gattungs- und liturgiegeschichtlicher Kontexte bis hin zur Einbettung in die zeitgenössischen musiktheoretischen und -ästhetischen Diskurse.
Einleitung
Lasso, die Hofkapelle und die Wittelsbacher Herzöge
Die Entwicklungen in Kapelle und Repertoire vor Lassos Amtszeit
Die Repertoireentwicklung von 1550 bis zur Liturgiereform
Die Auswirkungen des Tridentinums im Repertoire um und nach 1580
Die Messen von Orlando di Lasso
Lassos Messen in den Münchner Chorbüchern und zeitgenössischen Drucken
Traditionsbildung und Erneuerung in den Münchner Messhandschriften
Das Messenrepertoire der Münchner Hofkapelle vor Lassos Ankunft am
Wittelsbacher Hof
Lassos grundlegende kompositorische Entscheidungen bei der Messvertonung
Textunterlegung
Wort-Ton-Korrelation in den Kyrie-Sätzen der frühen polyphonen Choralordinarien
Versunterlegung in den Münchner Parodiemessen nach 1550
Textvertonung und Kapellpraxis unter Orlando di Lasso
Tonarten
Die modale Disposition als konzeptioneller Faktor der Messvertonung
Die Tonarten in den Münchner Choralmessen
Modi und Vorlagen im Kantoreirepertoire ab 1556
Mensurverhältnisse
Tactus und Mensur bei Ludovico Zacconi
Tactus und Mensur in den Münchner Messhandschriften vor Lasso
Das tempus imperfectum diminutum in Lassos Messen
Fazit und Ausblick
Nachwort
Anhang
Verzeichnis der Münchner Messen
Bibliographie
Personen- und Werkregister