9 Lamentationen für die Karwoche (Druck Bologna 1689)
Jeweils drei für Sopran, Alt und Bass - Urtext
Giovanni Paolo Colonna (1637 - 1695) hat sich als Maestro di Capella an Bolognas wichtigster Kirche San Petronino und Gründungsmitglied der Accademia filarmonica schon zu Lebzeiten einen der hervorragendsten Plätze im italienischen Musikleben gesichert.
Er war einer der bedeutendsten Schöpfer geistlicher Musik und wird von Domenico Maria Galeati im Dario e memorie varie di Bologna als Paulo, der Orfeo unseres Jahrhunderts bezeichnet.
Solches Lob teilt sich Colonna zwar mit einigen anderen Komponisten auch, aber tatsächlich gehören Colonnas Schöpfungen insbesondere auf dem Gebiet der Liturgischen Musik und des Oratorium zu den bedeutendsten nach Carissimi.
Geboren wurde er am 16 Juni 1637 in Bologna, wo er bei seinem Vater, dem aus Brescia stammenden Orgelbauer Antonio Colonna genannnt dal Corno und dem Organisten Don Agostino Filipuzzi ersten Unterricht erhielt. Von seinem Vater lernte er wohl den Orgelbau, von Filipuzzi das Spielen dieses Instrumentes. Um 1656 ging er nach Rom, um sich unter anderem bei Orazio Benevoli und Giacomo Carissimi im Kontrapunkt unterweisen zu lassen. Mit Carissimi arbeitete er als (inoffizieller) Organist an der Kirche Sant’ Apollinare zusammen. Etwa 1659 kehrte er nach Bologna zurück und wurde er zweiter Organist an San Petronino, um im Jahre 1661 zum ersten Organisten an dieser Kirche aufzusteigen. Während der Interimszeit seit Maurizio Cazzatis Kündigung als Maestro di Capella im Jahre 1671 und 1674 versah Colonna wahrscheinlich schon dieses Amt als Maestro pro tempore, bevor er schließlich am 01. November 1674 zum Maestro di Capella ernannt wurde. Dies blieb Colonna bis zu seinem Tode 1695.
Am 28. November 1695 verstarb Giovanni Paolo Colonna in Bologna. Seine Trauerfeier fand unter großer Anteilnahme in seiner "Hauskirche" San Petronino statt. Von seinen zahlreichen Schülern sind besonders Giovanni Bononcini, Francesco Gasparini, Francesco Urio und Giovanni Maria Clari erwähnenswert.
Kein geringerer als Kaiser Leopold I. ordnete über seinen Kapellmeister Carlo Bussier an, das Colonna von allen zwischen 1686 bis 1692 entstandenen Kompositionen Abschriften anzufertigen habe und ihm für seine Privatsammlung zur Verfügung stellen solle.
Ihre Majestät legte laut Aktennotiz vom 22. September 1686 neben geistlicher und weltlicher mit und ohne Instrumenten (das meint zusätzliche Instrumente zum Generalbass) besonderen Wert auf Stücke für einen Sopran oder Bass, ebenfalls mit und ohne Instrumente.
Aufgrund dieses kaiserlichen Verlangens sind immerhin 83 geistliche Kompositionen Colonnas in der Leopoldinischen Sammlung erhalten geblieben, darunter etliche Unikate. Eben jener kaiserlichen Privatsammlung, der so genannten Bibliotheca cubicularia (Schlafkammer Bibliothek), entstammt die Handschrift der Klagelieder Jeremias (Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Mus. Hs. 15769), welche Colonna wahrscheinlich in den 1680er Jahren komponierte und die in den Gottesdiensten der Karwoche Verwendung fanden.
Sie unterscheiden sich wesentlich von den 1689 gedruckten Lamentationen, die Colonna in Bologna veröffentlichte und die eine komplette Folge von Lesungen enthalten.
Diese verteilen sich jeden Tag auf einen Sopran, Alt und Bass. Wie auch in dem Manuskript benutzt Collonna Formeln der gregorianischen Psalmtöne, auf die die Lamentationen in der Messe gesungen wurden.
Ein Umstand, für den er glaubt, sich in seiner Nachrede zu den Sacre Lamentationi op. 9 (Bologna op.9) bei dem Leser entschuldigen zu müssen.