1. Prélude à après-midi d´un faune
2. Trois Nocturnes (Nuages, Fêtes, Sirènes)
Claude Debussy hat das Instrument Orgel nie für seine Kompositionen entdecken können. Außer einigen Fugen aus der Studienzeit (über Themen von Massenei und Gounod), die auf der Orgel gut spielbar wären, aber als bloße Kontrapunktstudien anzusehen sind, existieren keine Originalwerke für das Instrument. In seiner geistreichen Essaysammlung „Monsieur Croche" wird von den großen Orgelkomponisten der Zeit in Paris nur Louis Vierre wahrgenommen, den Debussy bei einem Konzert in Notre-Dame mit dessen 2. Orgelsymphonie hört und mit lobenden Worten bedenkt.
Der vorliegende erste Band mit Orgeltranskriptionen von (Orchester-) Werken Debussys beinhaltet mit dem Prilude ä l'apres-midi d'un faune ein Schlüsselwerk der Moderne. Der Komponist ließ sich durch Mallarmes Gedicht „L'Apres-midi d'un Faune" nur inspirieren, er schuf aber keine Programmmusik. Ihm ging es vielmehr darum „[ ... ] die verschiedenen Stimmungen zu erwecken, in deren Mitte die Begierden und Träume des Fauns sich entwickeln. Ermüdet davon, die furchtsamen Nymphen und scheuen Naiaden zu verfolgen, gibt er sich einem Höhepunkt der Lust hin, zu dem der Traum eines endlich erfüllten Wunsches fährt: des vollkommenen Besitzes der ganzen Natur."
Das Nocturne erhielt seine Formgebung im 19. Jahrhundert zunächst als Klavierstück (bei John Field, später dann bei Frederic Chopin). Debussy weitet den Formbegriff in diesem Orchester-Triptychon aus und schafft drei Stimmungsbilder, denen allein die nächtliche Szenerie gemeinsam ist. Der Komponist selbst schrieb über diesen Zyklus:
„Der Titel Nocturnes will hier in allgemeiner und vor allem in mehr dekorativer Bedeutung verstanden werden. Es handelt sich also nicht um die übliche Form des Nocturno, sondern um alle Eindrücke und speziellen Beleuchtungen, die in diesem
Wort enthalten sein können.
Nuages: Das ist der Anblick des reglosen Himmels mit dem langsamen, schwermütigen Zug der Wolken, der in einem grauen, sanft mit Weiß getönten Sterben endet.
Fêtes: Das ist der tanzende Rhythmus der Atmosphäre, von grellen Lichtbündeln für Augenblicke erhellt; ein Aufzug phantastischer Gestalten nähert sich dem Fest und verliert sich in ihm. Der Hintergrund bleibt stets der gleiche, setzt sich immer wieder durch, das Fest mit seinem Gewirr von Musik und Lichtern, die in einem kosmischen Rhythmus tanzen.
Sirènes: Das ist das Meer und seine unzähligen Rhythmen; dann vernimmt man, wie in den mondversilberten Wellen der geheimnisvolle Gesang der Sirenen auflacht und in der Unendlichkeit verhallt."
Die instrumentale Einrichtung orientiert sich an einer dreimanualigen Orgel französisch-symphonischer Prägung. Ein Glossar der französischen Spiel- und Registrierangaben befindet sich am Ende dieser Ausgabe.