Die an vielen Kirchenmusikhochschulen schon seit Längerem eingeführte „Orgelimprovisation“ von Reiner Gaar ist in einer dritten, revidierten und erweiterten Auflage erschienen, die das mit vielen Beispielen versehene Werk von bisher 160 auf 184 Seiten hat anwachsen lassen.
Lehrplan und Arbeitshilfen - Revidierte und erweiterte Fassung 2003 mit einer Einführung von Hans Haselböck
Inhalt:
Einführung von Hans Haselböck Vorwort zur 3. Auflage
Vorwort
Vorschlag für den Studienverlauf
Kapitel 1. Ausbildung bis zur kirchenmusikalischen B-Prüfung
Elementarstufe l
Plagal-authentisches sowie authentisch-plagales Quintpendel
Kadenzen in enger und weiter Lage
Der Kantionalsatz
Geschichte und Entwicklung der Solmisation
Das Hexachordsystem des Guido von Arezzo
Übersicht über die Kirchentonarten
Die Klauselbildung
Die Entwicklung des Tonvorrats
Grundtonfortschreitung
Leittonführung
Authentische Doppelwendung
Analyse von Choralsätzen
Unterschiede zwischen modaler und dur-moll-tonaler Harmonik
Choralsätze des und frühen Jahrhunderts
Choralsätze von Johann Sebastian Bach
Das Bizinium
Quintfallsequenzen
Quintfallsequenzen in enger Lage
Quintfallsequenzen in weiter Lage
Quintfallsequenzen zweistimmig
Quintfallsequenzen dreistimmig
Der tonale Verlauf im Hinblick auf Modulationen und Nebentonarten im Stilbereich des Barock
Harmonisierung von Tonleitern
Tonleiter zweistimmig
Tonleiter vierstimmig
Freie Improvisation über Texte und Bilder
Literaturverzeichnis
Elementarstufe II
Harmonisierung von Tonleitern
Tonleiter im Baß
Tonleiter im Tenor
Der verminderte Septimakkord mit authentischer Auflösung
Quartsext-Bildungen
Das Choralbizinium mit bewegter Gegenstimme
Der Echo-Choral
Reaktionsübung mit unterbrochener Harmonisierung
Das Fugato über einzelne Choralzeilen (dreistimmig)
Möglichkeiten zur Kolorierung von Choralmelodien
Literaturverzeichnis
Grundstufe l
Harmonisierung von Tonleitern (dreistimmig)
Der verminderte Septimakkord mit plagaler Auflösung
Die unterschiedliche Auflösung der Doppelleittonklänge
Reale Sequenzen zur Vorbereitung des Stilbereichs "Romantik"
Mixtur-Übung
Choralvorspiele mit "Vorimitation"
Süddeutscher Typ
Norddeutscher Typ
Orgelchoräle mit Motiven aus Johann Sebastian Bachs Orgelbüchlein
Choralharmonisierung mit Stilmitteln des 19. Jahrhunderts
Übungen mit Ganztonmaterial (Modus von Olivier Messiaen)
Literaturverzeichnis
Grundstufe II
Mixturen
Akkorderweiterungen am Ende des 19. Jahrhunderts
Erweiterte reale Sequenzen
Begleitung "Neuer Lieder"
Kadenzen
Ostinati
Sequenzen
Die Bluestonleiter
Literaturauswahl zur jazzorientierten Improvisation
Die Pastorale
Der Arnstädter Orgelchoral
Kleinere Partitenformen
Literaturverzeichnis
Kapitel 2. Ausbildung bis zur kirchenmusikalischen A-Prüfung
Aufbaustufe l
Die Ausweitung des Klangvorrats bis zum frühen Jahrhundert
Die Wiederentdeckung der plagalen Akkordverbindung
Die alternierende Achtstufigkeit
Sonderformen der alternierenden Achtstufigkeit
Die akustische Tonalität
Der "Resonanz-Akkord" von Olivier Messiaen
Der Modus von Olivier Messiaen
Der Modus von Olivier Messiaen
Die Passacaglia, die Ciacona
Themen für die Passacaglia, Ciacona
Die Concerto-Form im Barock-Stil
Das Präludium, die Toccata im Barock-Stil
Tonaler Verlauf der Ouvertüren in den vier Orchestersuiten Bachs
Kanon-Übungen
Improvisation über biblische Texte und Themen
Literaturverzeichnis
Aufbaustufe II
Einsatzfolgen in Johann Sebastian Bachs Instrumentalfugen
Entwicklung eines Fugenthemas aus Choralzeilen
Fugenthemen
Das umgekehrte Pendel in der Satztechnik des Jahrhunderts
Die weiteren Modi von Olivier Messiaen
Elemente in der Harmonik Olivier Messiaens
Thematische Anregungen zur freien Improvisation unter Verwendung von Stilmitteln Olivier Messiaens
Improvisation mit Stilmitteln der Avantgarde
Literaturverzeichnis
Kapitel 3. Konzertante Improvisation
Fortbildungsklasse - Elementarstufe
Erläuterungen zur mitteltönigen Stimmung
Notenbeispiele zur Gotik
Kolorierung über Bordunbässen
Plagale Ketten im Renaissance-Stil
Sequenzen und Tonleiterübungen
Magnificat-Versetten
Themen für Magnificat-Versetten
Transposition von Themen mit Hilfe der "alten Schlüssel"
Modelle für reale Sequenzen
Harmonisierung von viertaktigen Themen mit Ergänzung (Kommentar)
Literaturverzeichnis
Fortbildungsklasse - Grundstufe
Themen für die moderne freie Fantasie
Hinweise zum doppelten und dreifachen Kontrapunkt
Kontrapunktübungen
Der Stilbereich "Wiener Klassik"
Exposition eines Andante-Satzes
Literaturverzeichnis
Fortbildungsklasse - Aufbaustufe
Erweiterte Kontrapunktübungen
Fugenthemen
Formschema für den Sonatensatz mit einem Thema in Anlehnung an Dupre (Andante-Form)
Dupre-Themen für den Andante-Satz
Literaturverzeichnis
Konzertreifeausbildung
Theoretische Grundlagen
Themen für Doppel- und Tripelfugen
Andante-Themen
Themen für Siciliano, Tranquillo, Cantabile
Formschema für den Sonatensatz mit zwei Themen (auch als Finale)
Literaturverzeichnis
Meisterklasse
Daten zur Orgelimprovisation
Orgel-Improvisationsschulen (kleine Übersicht)
Klassische französische Formen
Themen für die Fantasie
Formschema für das Scherzo (mit zwei Themen)
Themen für das Scherzo
Themen für die Sonatenform
Fugen-Themen
Literaturverzeichnis
Die Lehrpläne im Überblick
Abkürzungen
Literaturverzeichnis
Stichwortverzeichnis
Seiten: 184
Reiner Gaar: Orgelimprovisation - Lehrplan und Arbeitshilfen
Der Carus-Verlag hat seiner wissenschaftlichen Reihe zum Thema Orgelspiel, die mit der Laukvik-Schule zur historischen Aufführungspraxis begonnen hat, ein zweites interessantes Buch hinzugefügt: Reiner Gaars „Orgelimprovisation“. Dieses Buch, das für Studierende und Unterrichtende gleichermaßen zu benutzen ist, hat im Gegensatz zu den vorliegenden Improvisationsschulen von Gerok, Dupré, Gebhard oder Keller den Vorteil, dass es nicht hauptsächlich vom persönlichen Improvisationsstil des Autors geprägt ist. Es bietet einen großen Überblick über stilgerechte Improvisation an Hand von Originalliteratur, dazu zahlreiche Themen von G. Kaunzinger, D. Roth, H. Haselböck, A. de Klerk, Dupré, u.v.a. -Themen, die man sonst nur bekommt, wenn man selbst an Improvisationskursen oder Wettbewerben teilnimmt. Jedem Kapitel des Buches ist ein tabellarischer Lehrplan vorangestellt, danach folgen notwendige musiktheoretische Informationen (in gebotener Kürze, denn die Verbindung von Tonsatzunterricht mit entsprechender Literatur wird vorausgesetzt), Notenbeispiele und vielfältige Übungsaufgaben zu Harmonik und Form. Am Ende jedes Kapitels bietet ein Literaturverzeichnis die Möglichkeit zum eigenen Weiterstudium. Der Titel „Lehrplan und Arbeitshilfen“ deutet bereits an, dass es in dieser Sammlung nicht um wortreiche Beschreibungen von Formen und Stilen geht, sondern um einen sinnvollen und in eigener Unterrichtstätigkeit erprobten Aufbau des Improvisationsunterrichts mit einer großen Materialsammlung.
Der großen musikgeschichtlichen (Gotik, Renaissance, Barock, Klassik, Romantik, Messiaen, Avantgarde) und formalen Bandbreite (Kantionalsatz/Bachchoral, Bicinium, Fugato, kolorierter Cantus Firmus, Pastorale, Choralvorspiel mit Vorimitation süddt./norddt. Typ, Passacaglia, Concerto, Kanon, Fuge, moderne Fantasie, Sonatensatz, Andante, Scherzo) entspricht die Anordnung der Lehrpläne über das B- und A-Studium hinaus über die Fortbildungsklasse zur Konzertreifeausbildung und zur Meisterklasse.
Nach dieser Aufzählung erübrigt es sich fast zu sagen, dass Gaars Buch endlich eine Marktlücke schließt und im Bereich der Improvisationsschulen ein „heißer Tipp“ ist!
Katharina Runge
Quelle: Gottesdienst und Kirchenmusik, Bayern 1/1996, S. 36f.