Fronleichnamsoffertorium für Sopransolo, Solovioline oder Soloflöte, Streicher und Orgel
Ignaz Reimann wurde am 27. Dezember 1820 im heute noch viel besuchten schlesischen Wallfahrtsort Albendorf (jetzt: Wambierzyce) geboren. Als Sohn eines Gastwirtes und nebenberuflichen Musikers wuchs er in der Tradition der volkstümlichen Kirchenmusik seiner Heimat, der Grafschaft Glatz, auf. Schon mit acht Jahren spielte er die Instrumente Klavier, Orgel und Violine. Als 12-Jähriger konnte er bereits jeden Instrumentalisten im Kirchenorchester vertreten. Mit 18 Jahren besuchte er das Lehrerseminar in Breslau. Als Musiklehrer, Kantor, Chorleiter, Organist und Komponist war er 43 Jahre lang in Rengersdorf (Schlesien) tätig. Dort starb er am 17. Juni 1885.
Als Dorfkantor wusste Reimann auch um die Nöte der Landkirchenchöre seiner Heimat und widmete sich fortan der Erneuerung der schlesischen Kirchenmusik. Echte Religiosität gepaart mit Heiterkeit und musikalischer Volkstümlichkeit bildet die Grundlage der Reimann'schen Kompositionen. Er schrieb vornehmlich einfache vokale Kirchenmusik bis hin zu ausgereiften Chorwerken mit Orchesterbegleitung. Sehr umfangreich ist sein kompositorischer Nachlass. Hierzu gehört das Offertorium für das Fronleichnamsfest — Sacris solemniis.
Das Hochfest Fronleichnam wurde 1264 von Papst Urban IV. eingeführt. Es dient der Verehrung des Altarsakraments. Das Fest gipfelt traditionell nach einem feierlichen Gottesdienst in der Fronleichnams-Prozession, bei der die Hostie in einer kunstvollen Monstranz durch den Ort getragen wird. Es ist eine nach außen getragene, visuelle Proklamation des Glaubens, von feierlicher Musik begleitet.
Während der Prozession werden meist Hymnen gesungen und gespielt. Das Sacris solemniis steht an zweiter Stelle nach dem Pange linqua.
Die vorliegende Komposition Sacris solemniis schrieb Ignaz Reimann 1850 für Sopran-und Violinsolo mit Begleitung von Streichquartett und Orgel (IRV 01). Die Partitur befindet sich im Nationalmuseum in Prag unter der Signatur XXXVII B 590.
Die Tempoangabe amabile (italienisch) deutet auf freundliche und liebenswürdige Musik hin. Der himmlische Klang der Streicher im Vor- und Nachspiel unterstützt die feierliche Stimmung des sehr effektvollen Stückes.
Der Dank des Herausgebers gilt Herrn Gerhard Weingerber für die deutsche Textunterlegung und Herrn Hermann Angstenberger für die Erstellung der Orgelstimme.
Ich wünsche allen Ausführenden viel Freude beim Musizieren. Möge die Komposition zur Andacht der Zuhörer beitragen wie damals zur Reimanus Zeiten, in seiner geliebten Heimat, der Grafschaft Glatz.
Köln, im Januar 2009 Dr. Siegmund Pchalek