Mathias Siedel: Es ist ein Schnitter, der heißt Tod
„Erntelied. Katholisches Kirchen-Todeslied. Verdiente, protestantisch zu sein", so schrieb J. W. von Goethe in seinen Rezensionen zur Wunderhorn-Sammlung, die eben jenes wohl aus der Zeit des 30jährigen Krieges stammende Lied u.a. überlieferte. Dass dieses nun wenigstens Eingang in unsere kirchenmusikalischen Veranstaltungen finden kann, dazu sei die Partita „Es ist ein Schnitter, heißt der Tod“ in 11 Sätzen von Mathias Siedel sehr empfohlen. Die Bearbeitung dieses Tanzliedes, dieses Totentanz-Liedes gelingt M. Siedel nicht mit neobarocker Arbeit mit tradiertem, spielfloskelhaftem Material, sondern mit einer recht eigengeprägten Tonsprache, in der er versucht eine „Art Stationenweg verschiedener Empfindungs-Zustände“ zu komponieren. In der Tat erinnert manche kompositorische und klangliche Situation an Werke von Franz Liszt und hier besonders an einige Stationen.aus dessem Via Crucis, wobei die Tonsprache (zum Glück) jede epigonale Anlehnung an solche Vorbilder wie z.B. Liszt vermeidet. Satz I stellt den C.f. vor, die Sätze III, V, VII und IX sind als Quint- bzw. Quartkanon gearbeitet, der Nonenkanon im IX. Satz erweist sich ebenfalls als quasi Quintkanon, da die beiden zum C.f. im Alt hinzutretenden Kanonstimmen sich z.T. als geistreiche Kolorierungen des C.f. erweisen.
Nach M. Siedel ist dieses Werk vorzugsweise für kleinere Orgeln gedacht und auch und gerade auf einmanualigen Orgeln ohne Pedal darstellbar. Er selbst gibt im Nachwort Registrierungsvorschläge hierzu. Oberhaupt ist auch der Notentext sehr genau mit Artikulationsangaben, Metronomisierungsvorschlägen und Vorschlägen zum gelegentlichen Pedalgebrauch versehen. Ein, wie ich denke, sehr zu empfehlendes Werk, das sich mit seinem Ideenreichtum in der Umsetzung der Gedanken dieses Liedes in Konzerten und Gottesdiensten z.B. zum Ende des Kirchenjahrs aufs Beste eignen wird (vgl. das o.a. Goethe-Zitat!)
Ingo Bredenbach
Quelle: Württembergische Blätter für Kirchenmusik 5/91, S. 189/190