Eisler, Hanns (1898-1962)
Zweite Sonate op. 6
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in Form einer Variation
Die Zweite Sonate für Klavier (in Form von Variationen) op. 6 entstand wahrscheinlich in der ersten Hälfte des Jahres 1924, jedenfalls erwähnt sie Erwin Ratz in einem Artikel über Hanns Eisler im Oktober-Heft 1924 der „Musikblätter des Anbruch“. Nach seiner Übersiedlung nach Berlin im Herbst 1925 hat Eisler eine Überarbeitung vorgenommen; in dieser revidierten Fassung ist die Sonate damals gespielt worden. In seiner „Kurzen Selbstbiographie“ (1956) heißt es über die frühen Berliner Jahre: „Arthur Schnabel zeigte Interesse für meine Kompositionen, und seine Schüler spielten meine Klaviermusik.“ Eine Reinschrift des Themas schickte Eisler am 25. Oktober 1925 von Berlin aus zum 25. Jubiläum der Universal Edition Wien an den Direktor Emil Hertzka. Merkwürdigerweise wurde das Werk aber - im Gegensatz zu den meisten anderen – damals nicht gedruckt; es erschien erst 1960 – zwei Jahre vor Eislers Tod- bei Breitkopf & Härtel in Leipzig. Die Zweite Klaviersonate gehört zu den wenigen Stücken der zwanziger Jahre, die in der Technik der „Komposition mit zwölf nur aufeinander bezogenen Tönen“ geschrieben sind. Die Zwölftonmethode wird hier nicht strenger und nicht freier angewandt als in den Werken des Lehrers Arnold Schönberg, doch nimmt Eisler, anders als jener, Rücksicht auf konsonante Zusammenklänge. Hinzu kommt, daß die Anzahl der möglichen Reihentransformationen auf vier reduziert ist. Im Gegensatz zu den Sonaten Nr. 1 und Nr. 3 hat die Zweite – bis auf einige lyrische Teile – einen eher „musikantischen“, spielerischen Charakter. Das bringt sie in die Nähe der 1921 komponierten Klaviersuite op. 25 von Schönberg, die Eisler sehr bewunderte, wie er in der brieflichen Auseinandersetzung mit dem Lehrer 1926 zugegeben hat. Das Stück ist eigentlich keine Sonate im klassischen Sinne, sondern eine Folge von Variationen (ein dreiteiliges Thema und 14 Variationen, von denen einige Durchführungscharakter haben und die letzte das Thema am „originalsten“ zitiert). Variationen waren zwar Eislers Lieblingsform auf dem Gebiet der Instrumentalmusik, und doch krankt die Zweite Sonate, wie die zwölftönigen Variationswerke anderer Komponisten auch, an dem Widerspruch zwischen Variation eines Themas und Variation der Zwölftonreihe, da das Thema selbst schon aus Variationen besteht, eben aus Variationen der Reihe. Das Autograph der Klaviersonate op. 6 (Eisler-Archiv 184/2-22), das zahlreiche Streichungen enthält und aus Teilen in unterschiedlicher Schrift zusammengesetzt wurde, ist in keinem sehr leserlichen Zustand. Dem Erstdruck lag eine noch vom Komponisten korrigierte Abschrift (von fremder Hand) (EA 4/1-20) zugrunde. Bedingt durch Eislers Krankheit, konnte das Werk jedoch nicht fehlerfrei erscheinen. In der vorliegenden Ausgabe wurden vor allem Tonhöhefehler korrigiert. (Eberhardt Klemm)
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