für Chor: SATB – 2.2.2.2. – 2.0.3.0. – Pk – Hfe – Str
Brahms begann die Arbeit an der Vertonung von Schillers Nänie im Frühjahr 1880 als Reaktion auf den Tod eines Freundes, des Malers Anselm Feuerbach. Mit der Auswahl einer Textvorlage, die in Titel, Motiven und Form einen Bezug zur griechischen Antike herstellt, verwies Brahms hierbei auf die antiken Sujets, die Feuerbach bevorzugte. Nach einer Arbeitsunterbrechung stellte er das Werk im Sommer 1881 fertig und widmete es Henriette Feuerbach, der Stiefmutter des Malers. Die Nänie entstand somit gut zehn Jahre nach Brahms' bekanntestem Chorwerk, dem deutschen Requiem op. 45, das in vergleichbarer Weise einen musikalischen Ausgleich zwischen der Trauer um einen Verstorbenen und der Tröstung der Hinterbliebenen herstellt.
Text: Schiller, Friedrich / Jameson
Auch das Schöne muss sterben!
Das Menschen und Götter bezwinget!
Nicht die eherne Brust rührt es des stygischen Zeus.
Einmal nur erweichte die Liebe den Schattenbeherrscher,
und an der Schwelle noch, streng, rief er zurück sein Geschenk.
Nicht still Aphrodite dem schönen Knaben die Wunde,
die in den zierlichen Leib grausam der Eber geritzt.
Nicht errettet den göttlichen Held die unsterbliche Mutter,
wenn er, am skäischen Tor fallend, sein Schicksal erfüllt.
Aber sie steigt aus dem Meer mit allen Töchtern des Nereus,
und die Klage hebt an um den verherrlichten Sohn.
Siehe, da weinen die Götter, es weinen die Göttinnen alle,
dass das Schöne vergeht, dass das Vollkommenen stirbt.
Auch ein Klaglied zu sein im Mund der Geleibten, ist herrlich,
denn das Gemeine geht klanglos zum Orkus hinab.