Karwoche
Franz Lachner, langjähriger Münchner Hofopernkapellmeister und Leiter der königlichen Vokalkapelle, hat neben anderem eine stattliche Zahl geistlicher Werke hinterlassen, darunter zwei Stabat-mater-Vertonungen: Die erste Version op. 154 von 1856 beschränkt sich auf eine rein vokale Besetzung (CV 70.037), die zweite op. 168 von 1870 zieht Streicher und Orgel heran, wobei der angestrebten dunklen Farbgebung wegen die Violinen ausgespart bleiben.
In seiner harmonischen Expressivität orientiert sich besonders die zweite Komposition an der damals modernen Stilrichtung der Neudeutschen Schule um Liszt und Wagner, ohne im Vokalpart jedoch über einen mittleren Schwierigkeitsgrad hinauszugehen.
Werkverzeichnis: op. 168
Kompositionsjahr: 1870
Besetzung: 1. Fassung: Soli SS, 2 Va, 2 Vc, Cb; 2. Fassung: Soli SS, Org
Sprache: lateinisch
Dauer: 20 min
Seiten: 40
Kirchenjahr: Fastenzeit und Passion, Karwoche
Verwendung: Marienfeste, Marianische Gesänge
(sl) Franz Lachner vertonte das Stabat Mater zweimal. Daher ist die vorliegende Ausgabe nicht zu verwechseln mit der ebenfalls im Carus-Verlag erschienenen Vertonung op. 154 für Doppelchor und Vokalsoli. Das vorliegende Stück wurde zunächst für zwei Solostimmen mit Orgelbegleitung konzipiert, ehe die Fassung mit begleitendem Streicherensemble erschien. Das Werk steht - von Lachner wahrscheinlich bewusst so angelegt - in der Tradition des Pergolesischen Stabat Mater. Es ist sowohl mit Streicher- als auch mit Orgelbegleitung eine schöne Alternative zu jenem Werk. Auch eine klein besetzte chorische Aufführung ist denkbar.
Quelle: Württembergische Blätter für Kirchenmusik 5/2005, S.29
Das „Stabat mater“, das der Carus-Verlag neu vorlegt, steht ganz in der Tradition der Vertonungen von Pergolesi oder A. Scarlatti und bietet den Sängerinnen eine romantische Alternative zu diesen Werken. Das Werk umfasst sieben Sätze, die teilweise auch chorisch besetzt werden könnten. Dafür bieten sich das Eingangsduett sowie die Nr. 4 „Quis est homo“ sowie das Schlussduett an. So ergeben sich Aufführungsmöglichkeiten auch für Frauenchöre. Beide Stimmen haben jeweils eine Soloarie zu singen, die vom Schwierigkeitsgrad gut zu bewältigen sind. Ursprünglich (1870) war das Werk alternativ mit Orgel oder Physharmonika, einem Vorläufer des Harmonium komponiert, 1874 erschien es in einer Fassung mit Streichern (2 VIe; 2 Vc; Cb), die dem Rezensenten allerdings nicht vorlag. Mit einer Aufführungsdauer von ca. 20 min. eignet sich das „Stabat mater“ auch für eine Aufführung in einem Passionsgottesdienst. Der begleitende Organist wird sich an die etwas „unhandlichen“ Tonarten gewöhnen müssen. Alles in allem ein sehr lohnenswertes Stück, das vieler Aufführungen harrt.
Sven Dierke
Quelle: Musik im Bistum Essen II/03 – I/04, S. 74