(1945)
(Textadaption: Barbara Zeisl-Schoenberg)
Besetzung: Sopran, Alt, Bariton; vierstimmiger gemischter Chor
1 (Picc.), 1 (Eh.), 1 (Bkl.), 0 – 1, 1, 1, 0 – Org., Hf. – Schl. – Str.
Aufführungsdauer: 18 Minuten
Aufführungsmaterial: leihweise
käuflich: Stp. 740 Studienpartitur
45 578 Orgelauszug (= Chorpartitur)
Uraufführung: 8. April 1945 Los Angeles, Hollywood First Methodist Church
Mit dem Anschluss Österreichs 1938 an das nationalsozialistische Deutschland schloss sich für Eric Zeisl abrupt ein Lebensabschnitt. […] Als Komponist von fast 100 Liedern und einer kurz vor der Uraufführung stehenden komischen Oper, Leonce und Lena, der Publikation von Liedern und Orchesterwerken sowie Aufführungen durch Radio- und Sinfonieorchester, war ihm der Aufstieg innerhalb des Wiener Musiklebens sicher gewesen.
Nun zwangen ihn die veränderten politischen Verhältnisse zur überstürzten Flucht: zunächst aus Wien vor den Schergen der Reichskristallnacht, dann ein Jahr später aus Paris in Richtung New York und der Endstation Hollywood.
Dort bemühte sich Zeisl mit allen Kräften, seine viel versprechende Wiener Karriere fortzusetzen und arbeitete an
über 20 Filmen mit, bevor er sich wieder mehr dem Komponieren außerhalb der Studios und dem Unterrichten (am Los Angeles City College) zuwandte.
Zeisl komponierte in Hollywood u. a. ein Klavierkonzert, ein Cellokonzert, vier Ballette sowie zahlreiche Chor- und Kammermusikwerke.
Darüber hinaus lösten die aufreibenden Umstände des Exils bei Zeisl einen neuen künstlerischen Impuls aus, dem er bis zum Ende seines Lebens treu blieb. […] Gleichmäßig sind in seinem OEuvre nach 1938 – im Unterschied zur Wiener Zeit – die Geschichte, das Schicksal und die Religion der Juden inhaltlich und musikalisch verarbeitet.
Eines der markantesten Beispiele dafür ist sein Requiem Ebraico (92nd Psalm).
Ende des Jahres 1944 erhielt Zeisl den Auftrag, Musik für den Dienst in der Synagoge zu schreiben, als ihn gänzlich unvorbereitet die Nachricht vom grausamen Tod seiner Verwandten und seines Vaters erreichte.
Die Nationalsozialisten hatten Siegmund Zeisl in Theresienstadt interniert, bevor sie ihn vermutlich zusammen mit anderen Juden in das Vernichtungslager Treblinka verschleppten und umbrachten.
Zeisl beschloss daraufhin, die neue Komposition als Requiem zu vertonen und dem Andenken jener zu widmen, deren Schicksal er selbst entronnen war.
Obwohl das Requiem Ebraico im Frühjahr 1945 in Los Angeles vor über 2.000 Zuhörern mit großem Erfolg uraufgeführt wurde, konnte sich der Musikverleger Josef Freudenthal der Transcontinental Music Company zunächst nicht zum Abdruck entschließen.
Das Werk erschien ihm im Hinblick auf Aufführungsmöglichkeiten nicht kommerziell genug.
Zeisl schrieb daraufhin am 12. Juli 1945:
Ich schrieb das Werk in Erinnerung an meinen Vater, ein Opfer der Nazis. Seine Trauer und Stimmung ist heute – dies kann ich mit vollster Überzeugung aussprechen – in jedem jüdischen Herz vorhanden. Dies mag Aufführungen auch außerhalb der Synagoge sichern (…)
Anzahl Seiten: 76